Alithia, 4. Teil - nach Samos

vorläufig noch ohne Fotos - kommen etwas später (jk)

28. April, Trizonia.
Es ist kalt, stürmisch und die Wolken hängen tief.
Trotzdem stehen wir morgens um 7 auf, um mit Helmut und Karin die 8 – Uhr – Fähre ans Festland zu bekommen. Wenn das Wetter schon schlecht ist, wollen wir wenigstens was unternehmen: Wir wollen nach Delphi.
Ich bin sehr skeptisch, die Wolken hängen tief und Delphi liegt hoch – sieht man überhaupt etwas von der angeblich so spektakulären Aussicht?
Joachim ist wie immer optimistisch und findet, so ganz ohne Wolkenschleier wirkt das Orakel doch auch gar nicht geheimnisvoll. Dass die dicken Wolken wegziehen (wie der Wetterbericht voraussagt), daran zweifelt er keinen Moment.
Ich schon und um diese Uhrzeit und bei diesem Wetter ist meine Laune sowieso nicht gut , und wenn dann noch der Bus fast eine Stunde auf sich warten lässt...
Aber er kommt und fährt uns bis Itea (2 Std). Von hier geht’s steil bergauf Richtung Delphi.
Und was machen die Wolken? Sie lichten sich! Oben in Delphi haben wir Sonne und der Ausblick und die Anlage sind wirklich grandios!!

 

Hier saß die Phytia, eine Bäuerin aus Delphi und sagte umnebelt von Dämpfen, die aus der Erde aufstiegen, orakelhaft die Zukunft voraus.
Und was will uns das Orakel sagen? Auch wenn’s erst nicht so pralle aussieht – am Ende wird alles gut!
Fast zwei Stunden wandern wir durch die beeindruckende Anlage, es ist schon jetzt recht viel Betrieb, ich möchte nicht wissen, wie es hier im Sommer aussieht.
Der Bus zurück nach Itea ist kein Problem, aber dort fährt dann kein Bus mehr in unsere Richtung. Also muss ein Taxi her, nicht ganz billig, die Strecke ist lang.
Fünf nach 18 Uhr erreichen wir unsere Fähre – die fährt eigentlich um 18 Uhr, aber man hat uns aussteigen sehen und gewartet, alle nicken uns freundlich zu, als wir uns bedanken.
No problem, so lieben wir sie, die Griechen.
Am nächsten Tag ist das Wetter besser und wir starten Richtung Galaxeidi.
Ein wunderschöner Ort, viel Platz und alle liegen längsseits. Das machen wir also auch, aber abends fordert die Hafenpolizei dann doch alle Schiffe auf, sich „anständig“, d.h. mit Bug oder Heck zum Kai, hinzulegen, damit mehr Schiffe Platz finden. Wird gemacht und 7 Euro (eigentlich 7,30, aber 7 passt schon) werden bezahlt – Wasser und Strom gibt’s allerdings nicht.
Der Ort ist ein „Edeltourismusort“, alles sehr schick.
Abends, nach einer leckeren Pizza wieder an Bord, treffen wir eine Entscheidung.
Joachim stellt fest, dass es nur 180 sm (Luftlinie) nach Kos sind und erklärt sich einverstanden, statt um den Pelepones zurück nach Lefkas zu fahren, den Weg durch die Ägäis zur (sehr guten) Marina Kos zu wagen. An die Marina Lefkas schreiben wir eine nette Mail und hoffen, dass sie unsere kleine Abmachung nicht als zu bindend ansehen (immerhin hat Joachim sie unterschrieben) und uns ziehen lassen.
Merke: Nie zu früh festlegen.
Eine Woche später erhalten wir die befreiende – typisch griechische – Antwort: kein Problem und gute Reise.
Am nächsten Morgen um 7 starten wir Richtung Korinth – 40 sm, kein Wind, die Welle ist hoch, aber endlich mal „mit“. Für die nächsten Tage ist Sturm gegenan angesagt.
Wir machen gute Fahrt, aber es schaukelt so, dass ich zum ersten Mal beim Frühstück machen seekrank werde!
Jedenfalls ein bisschen.
Der Hafen von Korinth ist sehr klein, aber direkt neben den Fischern finden wir vorne am Kai ein Plätzchen – wieder mal gut, das wir nur so wenig Tiefgang haben, unter uns ist ein Meter und es gibt hier einen Tidenhub von einem halben Meter. Die Fischer winken uns freundlich zu und wir können umsonst Wasser tanken und liegen.
Beim Wassertanken erleben wir ein „Tankwunder“ – der Tank in der Küche ist fast voll, so wenig können wir doch in 10 Tagen nicht verbraucht haben.... Ein Leck? Aber das Wasser schmeckt nicht salzig! Dafür ist der Badtank halb leer.. ein geheimes Austauschsystem?
Wir können es nicht klären und gehen erst mal in die Stadt.
Die hatte zwar in der Antike 300 000 Einwohner, jetzt sind es aber nur noch 25 000. Eine Kleinstadt, die ein bisschen auf Großstadt macht. Wir finden einen tollen großen Supermarkt und kaufen erst mal Leckereien zum Kochen ein.

Zurück im Hafen stellen wir fest, dass hier viele Gestrandete aus Afrika rumhängen.
Einige Araber versuchen, ein paar Euro über das Helfen beim Festmachen zu verdienen und locken einlaufende Schiffe in unverantwortliche Ecken.
Sie sind etwas böse auf uns, zum Einen haben sie unser Einlaufen verpasst und zum Anderen spucken wir ihnen ein paar Mal in die Suppe, als wir die großen Segler, kurz bevor sie auflaufen, warnen. Die Araber verstehen es aber dann doch und ein Bier versöhnt den kleinen „Chef“ dann wieder.
Die Schwarzen hier scheinen (wie fast überall beobachtet), in den Fängen einer „Drücker – Mafia“ gelandet zu sein und verkaufen Bilder, gebrannte DVDs etc.
Einer kommt an unser Boot und als er mich essen sieht, fragt er, ob er etwas bekommen könne. Ich gebe ihm ein Stück trockenes Brot und er zieht glücklich ab. Da schäme ich mich, dass ich ihm nicht noch ein Stück Käse dazu gegeben habe.
Wir essen nur noch im Boot und mögen das Schiff hier auch abends nicht alleine lassen, da sich immer mehr „Volk“ am Kai versammelt. Nachts schließen wir ab.
Aber dann ist es doch ab 10 Uhr bis morgens um 8 erstaunlich ruhig, obwohl Wochenende ist.
Um 8 Uhr werden wir von lautem Palaver geweckt: Die Fischer sind zurück und um unser Boot herum haben sich ca 20 meist ältere Männer versammelt um Fisch zu kaufen und natürlich die neuesten Neuigkeiten auszutauschen. Sie grüßen uns alle freundlich.
Es ist der 1.Mai, in den Bergen liegt noch Schnee und es ist frisch (ca 15 Grad) und Sturm.
Morgen soll sich das Wetter beruhigen und wir wollen durch den Kanal.
Und immer wenn eine aufregende Passage bevorsteht, ist auch ein nettes ( oft holländisches) Pärchen da, dass das Abenteuer mit uns gemeinsam angeht.
Henk ist schon um die Welt und fährt jetzt mit seiner Els in die Ägäis.
Montag morgen um 8 ruft er beim Kanal an, kündigt uns an und fragt nach einem Durchfahrtstermin. In 10 Minuten sollen wir vor der Einfahrt sein. Na prima.
Alle Fender noch draußen rauschen wir los – die Fischer schütteln den Kopf, draußen sind zwei Meter Welle und 5-6 Beaufort Wind. Die eine Meile gegenan und das Warten vor dem Kanal werden sehr anstrengend. Dann kommt endlich die erlösende Aufforderung, einzufahren.
Wahnsinn. Der kürzeste der 5 bedeutenden Verbindungskanäle der Welt erwartet uns mit ruhigem Wasser und einer atemberaubenden Kulisse!

 

Schon Kaiser Nero hatte den Plan und auch mit dem Bau begonnen, fertiggestellt wurde er aber erst vor 100 Jahren.
Nur 6 km lang und 20 Meter breit geht er zwischen den beeindruckend hohen Felsen hindurch. Ein wunderbares Erlebnis. Der Strom ist mit uns und nach einer halben Stunde sehen wir die Ägäis vor uns liegen!
Türkisblau, keine Welle, die Sonne scheint, Windstärke 3 von hinten!
Na bitte, geht doch.
Vor einer Stunde war noch alles schrecklich und jetzt könnte man schreien vor Glück.
Dieses Wechselbad der Gefühle ist typisch für unsere Reise.
Wir segeln bei wunderbarem Wind bis nach Korfos, eine große geschützte Bucht mit einem netten Ort. Hier kann man ganz komfortabel umsonst an einer Boje liegen.
Am nächsten Tag ist kein Wind und wir motoren die nur 10 sm nach Palaia Epidaurus.
Hier liegen wir nicht wirklich gut vor Anker: der Schwell schaukelt uns bis in den späten Abend tüchtig durch und das Wasser ist dreckig. So beschließen wir, nicht auf besseren Wind zu warten und gleich am nächsten Tag wieder ohne Wind nach Poros zu motoren.
Hier wollen wir am 9. Mai unsere Tochter Jana in Empfang nehmen.
Poros ist das St. Tropez Griechenlands – nur nicht so teuer.
Wunderschön in einer sehr sicheren Bucht tronend, sammelt es die Reichen und Schönen um sich – zumindest im Moment. Eine Luxusjacht nach der anderen läuft ein, es ist Bootsmesse für die Superreichen (armes Griechenland) und die Regatta aus Luxemburg (Siggys Cup) ist auch hier.

 

Wir gehen erst mal in einer Nebenbucht vor Anker und baden und genießen.
5 Tage lang pendeln wir zwischen dem Ankerplatz direkt vor Poros und unserer Bucht.
Wir holen Jana mit dem Auto von Athen und machen einen Tagesausflug mit der Schnellfähre nach Hydra. Ein guter Tipp, nicht mit dem eigenen Boot hinzufahren. Der kleine Hafen ist total voll und überall gibt es Ankersalat. Wir flanieren entspannt durch die nette Stadt, hier gibt es keine Autos, alles wird von Eseln transportiert.
Zurück in Poros findet Lisa 4 ca 30 cm lange Fächermuschelschalen in wunderbaren Farben.
Mit Hingabe werden sie geputzt und zum Trocknen ausgelegt, der Wind beschließt dann aber, zwei der Schalen Poseidon zu opfern. Für Lisa, deren größte Leidenschaft das Finden und Sammeln ist, ein herber Verlust. Joachim hatte einmal bemerkt, dass das Boot vorne zu wenig Ladung hat, dem wirkt Lisa seitdem mit ihrer Sammelleidenschaft entgegen. Von jedem Ort werden Steine und oder Muscheln mitgenommen und eingelagert – an dieser Stelle ein Dank an Joachims grenzenlose Geduld und Toleranz!

 

Da Jana am 14.Mai wieder nach Deutschland fliegen muss, fahren wir am 13. Mai rüber ans Festland in die wunderschöne Sounion Bucht direkt unter dem berühmten Poseidontempel.
Bei der Einfahrt in die Bucht werden wir herzlich von zwei bereits vor Anker liegenden Booten begrüßt: Ian und Helen mit ihrer „Northern Lights“ aus Schottland und Andy und Michelle von der „Kerching“ aus England – Überwinterungsfreunde aus Lefkas.
Sofort werden wir zum Bier um 18 Uhr eingeladen, da wir aber wissen, dass diese Einladungen der Engländer auf ca eine Stunde befristet sind, verraten wir nicht, dass Lisa Geburtstag hat. Den feiern wir dann mit Sekt und Leckereien zu dritt ab 20 Uhr auf unserem Schiff unter dem beleuchteten Poseidontempel.

 

Am nächsten Morgen machen sich die Schotten und Engländer in aller frühe auf, den Tempel hoch oben auf dem Berg zu besichtigen. Wir beschließen, dass ein Foto reichen muss und geopfert haben wir ja schon...
Nachdem Jana uns wieder verlassen hat, geht es für uns, die Engländer und die Schotten weiter nach Kea.
Wir legen uns gleich an den Kai, wir brauchen Wasser. Das allerdings ist gar nicht so einfach.
Es gibt zwar neu installierte Strom- und Wassersäulen, sie funktionieren aber nicht.
Wir entdecken den Vorteil von 10-Liter Kanistern, alles andere ist fürs Wasserschleppen aus der Taverne einfach zu unhandlich. Gott sei Dank gibt es sie hier zu kaufen und so werden in körperlicher Schwerstarbeit ca 200 Liter Wasser aufgefüllt.
Danach gibt’s zu Belohnung ein super leckeres Essen in der Taverne, die Mutter des Besitzers hat ein Kochbuch veröffentlicht und gibt Kurse zum Thema „Kreative griechische Küche“ !!
Überhaupt sind wir immer wieder positiv von den griechischen Restaurants überrascht. Es hat sich viel getan, die griechische „Einfachküche“ gibt es so nur noch selten.

Kea ist die Insel der bunten Felsen – grün, rot, gelb und weiß – faszinierend. Lisa kann ihre Sammelwut nur mit Mühe bremsen.
Weiter geht’s nach Kythnos in eine Traumbucht, die durch eine Sandbarre in zwei Hälften geteilt wird und in der es eine heiße Quelle am Strand gibt.
Ian und Helen aus Schottland sind weiter mit uns unterwegs, die Engländer fahren Richtung Euböa.
Kurz vor der Einfahrt zur Bucht spielen zwei Delfine mit unserem Schiff.
Das Wasser ist türkis und glasklar, wie überall hier. Der Biologe nennt es „Nährstoffarmut“, die Ägäis ist eine Wasserwüste und daher auch relativ fischarm (war auch in der Antike schon so). Den Schwimmer freuts und für die kleinen Fischerboote, die hier unterwegs sind, scheint es zu reichen. Jeden morgen haben sie einen kleinen aber ordentlichen Fang, der direkt vom Boot verkauft wird. Fisch ist allerdings sehr teuer – die Kilopreise in den Restaurants schwanken zwischen 50 und 70 Euro.
Kalamares und Oktopus sind billiger und werden auf die verschiedensten Arten zubereitet, sehr lecker.
In der Bucht von Kythnos schwimmen wir im inzwischen 20 Grad warmen Wasser und wären gerne länger geblieben, aber das Wetter...

 

In der Nacht zieht ein Gewitter über uns und unser Wetterbericht kündigt einen längeren Meltemi in den nächsten Tagen an. So beschließen Ian, Helen und wir rüber nach Syros zu segeln, da man dort in einer längeren Wartepause mehr unternehmen kann. Der Wind ist mit moderaten 3 bis 4 Windstärken aus der richtigen Richtung angesagt, steigert sich im Laufe der Überfahrt aber auf 7 bis 8.
Das ist typisch in der Ägäis, deshalb fahren hier alle nur mit zweifach gerefftem Groß los.
Mit zeitweise 7 bis 8 Knoten Geschwindigkeit rasen wir auf Syros zu, auf den letzten 5 Seemeilen wird die Welle dann sehr hoch und kabbelig (2-3 Meter) und wir haben etwas Mühe, die Einfahrt in die Bucht zu treffen.
Ian und Helen liegen schon vor Anker, tanzen aber bei immer noch 6 Windstärken wild herum.


Als unser Anker beim ersten Versuch nicht hält, beschließen wir spontan, an der Außenpier des Hafens längsseits zu gehen. Wir legen bei starkem Wind ein bravoröses Anlegemanöver hin (ein bisschen Eigenlob muss auch mal sein) und sind fest und sicher.
Ian und Helen trauen sich nicht und lassen sich noch eine Nacht draußen durchschütteln, bis sie am nächsten morgen zu uns kommen. Und Henk und Els (Korinthkanal) kommen auch.
Wir kennen Syros und vor allem die Hautstadt Ermopolis von unserem Inselhopping vor vielen Jahren. Die Stadt ist eine der schönsten, die wir je gesehen haben. Prunkvillen im venezianischen Stil, marmorgepflasterte Plätze, wir werden hier gut abwettern können.

 

Vor uns liegt unser (hoffentlich letzter) „Angstgegner“: Die Strecke zwischen Syros und Samos ist als Düse gefürchtet. In dieser Schneise liegen die Surferparadiese wie Naxos und ja, liebe Siemers, dass sind nicht unbedingt Seglerparadiese. In den Häfen hört man reichlich Katastrophengeschichten von Windstärke 9 und mehr und 5 Meter Wellen.
Finden wir mit unserem für die Ägäis relativ kleinen Bootchen gar nicht lustig und deshalb wollen wir auf ein gutes Wetterfenster warten. Wie zuverlässig selbst die besten Wetterberichte hier allerdings sind, siehe oben!

Wir bleiben also einige Tage auf Syros, der Hafen füllt sich aber nun mehr und mehr mit Charterbooten, wir müssen uns mit dem Heck an Land legen.
Riesige Schiffe – unter 45 Fuß (ca 15 Meter) wird hier wohl gar nichts vermietet.
Unser Bootchen verschwindet als Zwerg dazwischen und schick gekleidete Charterer belächeln uns mitleidig.
Segeln in der Ägäis – das letzte Männerabenteuer. 8 bis 10 Männer pro Schiff erproben sich im Starkwindsegeln für eine Woche. Die Anlegemanöver sind eher katastrophal, danach wird dann tüchtig gesoffen und gefeiert, oft die halbe Nacht.
Wir paar Fahrtensegler mit unserem Ruhebedürfnis stören die Party nur, ansonsten interessiert sich keiner für uns.
Dabei sind hier interessante Leute zu finden. David kommt mit seiner Frau über den Pazifik aus Seattle, hatte Piratenkontakt vor Somalia und findet die Ägäis sehr anstrengend mit ihren unberechenbaren Winden. Er kommt aus der Richtung, in die wir wollen und fühlte sich bei 30 Knoten Wind und 3 Meter Welle nicht wohl auf seinem viel größeren Katamaran.
Also warten – eine Lektion, die Lisa immer noch nicht gelernt hat.
Wir wandern, gehen an schönen Stränden baden, besichtigen Ermoupolis, bekochen die Schotten und sie uns (wir wussten gar nicht, dass Schotten so gutes „Curry“ machen können) und bauen am Boot. Althia bekommt zwei wunderschöne Bugfender fest montiert, die das vorwärts anlegen noch entspannter machen sollen. Joachim klettert in den Mast und befestigt unser drittes Segel neu, die Fenster werden neu abgedichtet... Trotz all der Beschäftigung bekomme ich den Inselkoller und das Gefühl, hier nie wieder wegzukommen.
Wir haben hier (mit Unterbrechungen) Strom und Wasser – alles umsonst, denn die Saison hat für die Griechen immer noch nicht begonnen.
Es ist Ende Mai, es ist warm, das Wasser hat über 20 Grad und ist glasklar, Schwärme von kleinen und mittelgroßen Fischen schwimmen ums Boot, die Sonne scheint meist und täglich kommen ca 100 Charterer an, trotzdem öffnen die Lokale nur nach und nach und einen Marinaverantwortlichen gibt es noch nicht. Von unseren Töchtern wissen wir, dass die Saison im September hier schon wieder vorbei ist, sie standen vor verschlossenen Hotels.
Uns solls recht sein, aber Geld verdienen geht anders.

Am 29.5. entdecken wir endlich unser „Wetterfenster“ und brechen auf Richtung Mykonos.
Es sind nur 4 bis max 5 Bf Windstärken angesagt, aus der richtigen Richtung und die Welle soll moderat sein. Bis Mittags lässt es sich auch ruhig an, wir segeln schön und ein Delfinkindergarten (3 große und 5-6 Kinder) übt Bugwellenreiten vor dem Boot. Dabei kommen die Kleinen dem Bug oft so nahe, dass ich Angst habe, sie könnten sich verletzen.
Aber alles geht gut.
Ab 13 Uhr steigert sich der Wind auf bis zu 33 Knoten (fast 8), die Welle wird hoch und kippelig. Vorbei geht’s an der Insel Delos, die in der Antike ein Zentrum der damaligen Welt war, da Orakel war das bedeutendste nach Delphi und der Hafen der größte der Ägäis.
Als wir um 1610 in der Annabucht von Mykonos ankern, haben wir immer noch 28 Knoten Wind. Eine neue Erfahrung, aber ankern bei so viel Wind ist einfach, man braucht nicht rückwärts zu fahren, um den Anker einzugraben, das besorgt der Wind...
Es ist Sandgrund, der Anker gräbt sich gut ein und so schlafen wir relativ ruhig, obwohl es die ganze Nacht weiterpfeift.
Ian und Helen sind in die etwas kleinere Nachbarbucht gefahren, aber dort windet es nicht weniger. Da auch der nächste Tag so stürmisch wird verabreden wir per Handy einen Tag Pause. Wir halten uns nur im Windschatten unserer Spritzkappe auf, basteln (es gibt immer was zu tun am Boot, z.B. die eingerissene Segelhülle nähen..), hören Musik und lesen.
Selbst die Gays am Strand (Mykonos ist Schwulenhochburg) lassen die Hüllen nicht fallen, zu kühl ist der Wind.
In die Schickimicki – Stadt Mykonos zieht es uns nicht, wir kennen sie von unserem Inselhopping und das reicht uns.
Am nächsten Morgen starten wir um 5.30 Uhr Richtung Ikaria.
Gleich zu Beginn begleiten uns wieder Delfine, am Anfang haben wir noch bis zu 20 Knoten Wind und eklige Welle, aber gegen Mittag erreichen wir den Windschatten von Ikaria, Wind und Welle verschwinden. Wir motoren durch spiegelglattes, glasklares Wasser und können so den ca 3 m großen Pilotwal, der uns neugierig umrundet, genau sehen.
Ikaria ist hoch, felsig und kaum bewohnt und man kann sich gut vorstellen, wie Ikarus einst von seinen Klippen seinen tragischen Flugversuch gestartet hat. Der Sage nach kam er dabei der Sonne zu nah, so dass seine Flügel aus Wachs schmolzen und er ins Meer stürzte.
Die Bucht von Loutra, die wir gegen 14 Uhr erreichen, soll einst, berühmt durch eine heiße radioaktive Quelle, die Rheumakranke heilen soll, voller edler Kurhotels gewesen sein.
Unser (aktuelles) Hafenhandbuch zeigt ein schönes Foto.
Aber die Beliebtheit der Radioaktivität schwindet wohl überall und wir finden nur völlig verfallene und heruntergekommene Gebäude vor. Die Bucht ist voll Müll und viel zu eng und so beschließen wir nach kurzer Absprache per Funk mit Ian und Helen weiter nach Samos zu fahren.
Und dann sind wir auf Samos!!
(..und, liebe Erika, nicht tot sondern sehr lebendig)

Am 31.5.2011 um 17.40 fällt der Anker im Hafen von Marathokampos, nach 335 Tagen haben wir das Gefühl, ENDLICH angekommen zu sein.
Alles ist, wie es sein soll:
Das Wasser türkis und glasklar, der Ort wunderschön, die Luft warm, das Wasser hat
25 Grad. Keine Charterer, wenig Boote, eine wunderbare Taverne am Strand, wo wir bei Oktopusstifado und Lammtopf unser Ankommen feiern.
Die Wirtin ist so begeistert von uns und unserer Geschichte, dass sie uns als Willkommensgruß ein 6erPack schöne Uzogläser mit der Aufschrift „Samos“ schenkt.
Die östlichen Sporaden, der Dodekanes, die türkische Küste – um uns herum liegt ein Gebiet, das Hans, der Weltumsegler, als einen der 4 Segel –hot - spots der Welt bezeichnet (die anderen drei sind die Karibik, die Südsee und die Seychellen).
Schöne Inseln mit Traumbuchten im 10 –Meilen –Abstand, wunderbare Orte, relativ wenig Charterbasen.
Hier wollen wir bleiben und in den nächsten Wochen Urlaub machen, das Boot soll in der Marina auf Kos seinen Platz finden, von wo aus wir nach Deutschland fliegen können.

Anfang August sind wir dann wieder in Bremen.
Bis dann

Lisa und Joachim